Category Archives: Waffen und was dazugehört

Zuverlässigkeit und persönliche Eignung

Der Waffenbesitz ist in Deutschland an die Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers gebunden. Sie wird im wesentlichen durch eine “muss”- und eine “kann”-Bestimmung definiert:

Wird ein Waffenbesitzer (oder ein Antragssteller) zu einer Geldstrafe, die mehr als 60 Tagessätze übersteigt, zu einer Haftstrafe oder zu mindestens zwei Geldstrafen unter 60 Tagessätzen verurteilt, gilt er in jedem Fall als unzuverlässig. Sämtliche Waffenrechtlichen Erlaubnisse werden ihm dann umgehend entzogen, er muss alle in seinem Besitz befindlichen Waffen abgeben.

Wird ein Waffenbesitzer zu einer Geldstrafe von unter 60 Tagessätzen veruteilt, kann er als unzuverlässig angesehen werden. In der Regel werden die zuständigen Behörden dies auch tun – denn für sie gilt der ungeschriebene Grundsatz “so wenig Waffen wie möglich ins Volk”. Auch wenn der Sachbearbeiter hier einen gewissen Ermessensspielraum hat, sollte man sich gerade als Legalwaffenbesitzer nichts zuschulden kommen lassen.

Neben diesen geringer bestraften Delikten werden in der Regel auch Taten zum Verlust der Zuverlässigkeit führen, die für “normale Bürger” keine Relevanz haben. Hierzu gehört Trunkenheit (egal ob im Straßenverkehr oder zu Hause – wer viel trinkt, kann ein Alkoholproblem haben und ist nicht geeignet, Waffen zu besitzen!) oder der unsorgfältige Umgang mit Waffen oder Munition (z.B. mit Schreckschusswaffen oder sogar Messern). Man spricht in diesem Zusammenhang von der fehlenden “persönlichen Eignung” zum Waffenbesitz.

Da der Waffenbesitzer also bei jeder noch so kleinen Verfehlung seine teuren Sportgeräte verlieren kann, wird er sich in jeder Situation stets korrekt verhalten: Neben dem hohen finanziellen Verlust droht auch die erzwungene Aufgabe des Sports über Jahre. Denn erst nach fünf bis zehn Jahren darf eine neue Waffenbesitzkarte beantragt werden – die dann aufgrund der vorausgegangen Verfehlungen wahrscheinlich nicht mehr genehmigt wird.

Einige Zahlen zum Waffenbesitz in Deutschland

Eigentlich nicht die feine englische und schon gar nicht meine Art. Daher gebe ich es gleich zu: Wesentliche Teile dieses Artikels habe ich aus einem anderen Artikel übernommen. Das ändert aber leider nichts an den Fakten… Die Zahlen stimmen – Statistiken gibt es öffentlich für jeden einsehbar auf der Internetseite des Bundeskriminialamts, der Gewerkschaft der Polizei etc.

Derzeit leben in der zur Zeit etwa 82,5 Millionen Menschen. Die Zahl der Erwerbstätigen liegt insgesamt bei 36.5 Millionen, davon 20.1 Millionen Männer und 16.4 Millionen Frauen.

Nehmen wir mal an, die 20 Millionen Männer im besten Alter (d.h. keine Kinder, alte Frauen, Greise, Rentner usw.) gehören jener Bevölkerungsschicht an, die potentiell zu irgendeiner gewaltbereiten Deliktgruppe gerechnet werden können – und das ist schon viel, denn ich bin ja schonmal keiner von ihnen, und der geneigte Leser sicher ebenfalls nicht.

Waffenbesitz: legal oder illegal

In der BRD besitzen rund 2,3 bis 2,5 Millionen Menschen legal zwischen sieben und zehn Millionen scharfer und damit Waffenbesitzkarten-pflichtiger Jagd- Sport und Sammlerwaffen. Darunter gibt es keine modernen Kriegswaffen im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes (KWKG).

Darüber hinaus existieren im Land außerdem mehr als zehn Millionen, manche Experten der GdP und der Kriminalämter rechnen mit 15-20 Millionen sogenannter “freier” Waffen. Diese umfassen Druckluftwaffen, Soft-Air-Modelle, Waffenimitate, Dekorationswaffen und nicht WBK-pflichtiger antiker Schußwaffen oder ihre modernen Nachbauten. Außerdem gehören hierzu noch die “Signal”- oder Schreckschuß- und Gaspistolen und Revolver, für deren “Führen” man erst seit 2003 einen “kleinen Waffenschein” braucht. Der Erwerb und Besitz sind frei.

Neben diesen freien Waffen gibt es außerdem geschätzte 20 Millionen scharfer Schußwaffen, illegal und nicht registriert – weder im Ordnungsamt noch in einem noch einzurichtenden Zentral-Waffenregister. Viele davon sind Kriegswaffen im Sinne des KWKG – Überbleibsel des II. Weltkriegs, aus Bundeswehr- und Polizeibeständen gestohlene Waffen, Überreste aus dem Zerfall der DDR- und anderer Warschauer Pakt-Armeen seit 1989, Schmuggelgut aus dem ehemaligen Jugoslawien usw. Diese Quellen sind längst nicht versiegt.

Nach 1990 brach der Preisspiegel auf dem illegalen, dem schwarzen Markt für Waffen völlig ein und hat sich seitdem nicht sonderlich erholt: Russische Handgranaten sind für fünf bis zehn Euro zu erhalten. Eine Makarow-Pistole kostet höchstens 150 Euro, ein Sturmgewehr AK 47 samt Munition ist laut Erkenntnissen der Zollfahndung je nach Ausführung und Alterszustand zwischen 250 bis 400 Euro zu bekommen. Das ist weniger als der Herstellungspreis und weniger als die Lehrgangskosten und Gebühren, die ein Sportschütze oder Jäger berappen muss, bis er eine WBK zum Erwerb einer Sport- oder Jagdwaffe erhält. Gute Preise werden in den delinquenten Abnehmerkreisen nur noch erzielt für bestimmte Waffen mit “Kultstatus” , einer Glock-Pistole etwa oder einer AKSU-74, der Commando- oder Kurzversion der modernen Kalaschnikow-Ausführung im Schutzwesten-penetrierenden Kaliber 5.45 x 39 mm. Die kostet mit Munition zwischen 1000-1500 Euro. Auch das ist immer noch weniger, als ein Sportschütze oder Jäger für sein Präzisionsgerät ausgeben muss…

Fazit
Alles in Allem haben wir also rund 30 Millionen scharfer Schußwaffen, plus Handgranaten, Sprengmittel, Munition “im Volk” – zwei Drittel davon illegal. Dazu kommen etwa 15 bis 20 Millionen freier Waffen und Waffennachbauten.

Im Schnitt kommen also eine bis zwei Schußwaffen auf jeden Mitmenschen in unserem Staat, der zu potentiell delinquenten Alters- und Bevölkerungsschichten zählt. Von Hieb und Stichwaffen wie Beil, Messer, Schlagstock, Spraydose, Elektroschocker usw. haben wir hier noch garnicht gesprochen…

Also sollte man allein zu Eigensicherungszwecken immer davon ausgehen, dass das Gegenüber auf der Straße, in der U-Bahn usw. bewaffnet sein könnte, oder? Und prozentual unterscheiden wir uns da so gut wie garnicht vom Anteil der Waffenbesitzer oder Träger in den USA, in Großbritannien oder anderen Ländern.

Leseschwäche?

Versetzen wir uns mal zurück in unsere Schulzeit: Deutsch, 9. Klasse, Aufsatz:

Sowohl die Umweltverschmutzung durch Altöl als auch das Ozonloch sind große Herausforderungen. Während das Ozonloch nur mit langfristigen Maßnahmen geschützt werden kann, kann jeder etwas gegen Umweltverschmutzung durch Altöl aus defekten PKWs tun.

Welche Maßnahmen können die Umweltbelastung mit Altöl verringern?

Jedem Schüler ist klar: Wer hier über Spraydosen schreibt, hat das Thema verfehlt und bekommt eine 6.

Eigentlich ist das ein komischer Aufhänger für einen Eintrag im Waffenrechtsbereich. Heute sind mir ein Schreiben an unseren Bundespräsidenten und an Herrn Dr. Stadler, MDB auf den Scanner geflattert. Viel interessanter waren aber die Antworten:

Tenor der Schreiben:

Es gibt ein neues Waffenrecht. Das ist inhaltlich echt schlecht gemacht – aber noch viel schlimmer ist, wie es zustandegekommen ist. Klammern wir also mal den Inhalt aus – das kann doch nicht rechtens sein, wie da die Abgeordneten hinters Licht geführt wurden. Was halten Sie von dem Vorgehen von Herrn Tölle?

Singemäße Antwort von Dr. Stadler, seines Zeichens FDP-Mitglied und stellvertretender Leiter des (belogenen?) Innenausschusses:

Die FDP war ja schon immer der Meinung, dass das beschlossene Waffenrecht nichts taugt. Wir haben ja dagegen gestimmt. Anbei unsere Presseerklärung.

Sinngemäße Antwort eines Mitarbeiters von Herrn Dr. Köhler:

Der Bundespräsident kann sich mangels Zuständigkeit nicht zu Inhalten von Gesetzen äußern, die gerade in der Mache sind.

Es drängen sich mir zwei Schlüsse auf:

  1. Diese Leute haben keine Ahnung und können nicht mal sinnentnehmend lesen oder
  2. diesen Leuten ist es eigentlich völlig egal, was das Stimmvieh^w Wahlvolk^w^w die von ihnen vertretenen Bürger tatsächlich von ihnen wollen.

Und da sind wir auch wieder beim Eingang: Da die Unterzeichner beider Antwortschreiben einen Doktortitel halten, kann Schluss 1. nicht zutreffen: Von meiner eigenen Dissertation weiß ich, dass man hier sehr wohl lesen können muss. Sonst schafft man ja nicht mal die Altöldiskussion in der 9. Klasse.

Bleibt also noch Schluss 2. Und der ist doch erschreckend, oder nicht?

Eigentlich enttäuschend, dass man als Steuerzahler (und viel beschworener Souverän), der die Herren Abgeordneten finanziert, nicht mal 5 Minuten Lesezeit wert ist, um einen Brief aus halbwegs passenden Textbausteinen zurückzubekommen…

Quellen

 

Skandal oder nicht?

Die schriftlichen Ausführungen zum “Messerverbot”, d.h. dem Verbot des Führens, liegen inzwischen vor. Schön ist, dass bei entsprechender Argumentation (“das ist ein Rettungsmesser“) das Verbot umgangen werden kann. Nicht so schön ist, dass das Verbot dadurch noch unnötiger wird, als es sowieso schon ist. Leider ist nunmal jeder Gegenstand irgendwie geeignet, jemanden umzubringen.

Wie auch immer, wir werden in ein paar Jahren nicht umhinkommen, die Schrauben mit der Beisszange ins Holz zu drehen 🙁

Bei der ganzen Empörung (und meinerseits ganz klar: massiven Enttäuschung) über die Politniks geht unter, dass der Verursacher dieses Dramas den Bundestagsausschuss glatt angelogen hat: Das von Tölle nach Goebbelsmanier als “Meinungsverstärker” benutzte und dann verdächtig schnell vor Ende abgebrochene Video zeigt zwei Türsteher, die angeblich mit einem der (jetzt vom Verbot betroffenen) Einhandmesser attackiert wurden.

O-Ton Tölle: “Die beiden haben die Nacht nicht überlebt!”.

Dummerweise ist das Video der Überwachungskamera in voller Länge bei Youtube aufgetaucht. Blöd für Herrn Tölle – denn in dem Teil des Videos, dass Tölle nicht zeigen wollte, ist klar zu erkennen, dass einer der beiden angeblich tödlich Verwundeten fit genug ist, den Täter umgehend zu verfolgen. Ein wenig Recherche von Visier zeigte, dass

  • dieser Vorfall in einer völlig anderen Stadt als von Tölle behauptet stattgefunden hat,
  • der Vorfall schon ein paar Jahre zurückliegt,
  • beide Türsteher nur leicht verletzt wurden,
  • sie glücklicherweise heute putzmunter sind und somit
  • Tölle schlicht und ergreifend die Unwahrheit gesagt hat.

Visier stellt zwei Fragen und macht eine Aussage, die gerne zitiere:

Aus all dem ergeben sich Fragen:

  • Handelt es sich dabei um eine Lüge?
  • Wurde der Innenausschuss seitens Herrn Tölle absichtlich mit Fehlinformationen gefüttert, um weitere – unnötige – Gesetzesverschärfungen durchzusetzen?
  • Fragt sich weiter: In wessen Auftrag hat Herr Tölle da gegebenenfalls gehandelt? Sollte er dem Berliner Innensenator Flankenschutz geben, das von diesem gewollte Messerverbot durchzusetzen – obwohl da bis zur Anhörung die Gewerkschaft der Polizei und viele Abgeordnete den Sinn der Regelung stark bezweifelten?
  • Handelt es sich dabei um Schlamperei? Dann hat Herr Tölle seine Recherchen nicht anständig erledigt und so fahrlässig unnötige Verschärfungen provoziert

 

Gleichgültig, wie —als Experte zu Waffenrechtsfragen hat Herr Tölle seine Glaubwürdigkeit verloren. Wenn das die Art ist, in der der Oberste Justitiar der Berliner Polizei im Rang eines Kriminaldirektors (das entspricht im Rang ungefähr dem eines Bundeswehr-Obersten) mit der Wahrheit umgeht, dann gnade der Allmächtige jedem vom Waffenrecht Betroffenen bei einer Gerichtsverhandlung.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Quellen